Eine bessere Analyse zur Krise in der Ukraine habe ich bisher nicht gelesen. Die bezahlten Systemschreiberlinge sollten wirklich mal darüber nachdenken, wie weit und wie lange sie sich noch für die System-Medien prostituieren wollen und sollten sich ein Beispiel an der folgenden Analyse von Heinz Sauren nehmen.
Dazu gehört nicht nur eine saubere, sowie objektive Berichterstattung, sondern auch eine exakte Recherche. Der Werbeslogan, „SPIEGEL-Leser wissen mehr“, gilt schon lange nicht mehr. Journalisten wie einst Rudolf Augstein, SPIEGEL-Gründer, sind in Deutschland so selten geworden wie karierte Maiglöckchen!
Vielen Dank, Herr Sauren.
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Heinz Sauren (freigeist)
Russland okkupiert die Krim. Wenn man den Medien glauben schenken möchte, handelt es sich bei dieser territorialen Annexion, nach russischer Lesart um eine humanitäre Hilfsaktion zum Schutz der russisch sprachigen Mehrheit auf der Krim oder nach westlicher Sichtweise um einen völkerrechtswidrigen Angriff auf einen souveränen Staat. Die Geschehnisse im Machtkampf um die Krim fanden zwar ihren Auslöser auf dem Maidan in Kiev, aber nicht ihre Begründung.
Die Zukunft der Krim scheint besiegelt und wer sie in Zukunft zu seinem Machtbereich zählen kann wird nicht in Kiev sondern in Moskau und Washington entschieden. Der Anteil Europas an dieser Entscheidung ist weit geringer als die politischen Protagonisten in den europäischen Hauptstädten, es gerne hätten. Dies dürfte auch dem umtriebigen deutschen Außenminister Steinmeier bewusst geworden sein, der seinen vermeintlichen Verhandlungserfolg zwischen der ukrainischen Regierung unter Janukowitsch und den Oppositionellen, binnen weniger Stunden durch die tatsächlichen Ereignisse konterkariert sah. Europa glaubt sich in einem wesentlich größeren Einfluss als tatsächlich gegeben und setzt bei seinen diplomatischen Überlegungen fälschlicher Weise voraus, dass die Ukraine ein europäischer Staat sei und demnach die etablierten Mittel und Begründungen europäischer Diplomatie und Expansionspolitik greifen werden. Es war wohl der Wunsch der Vater des Gedanken dieser Fehleinschätzung und es wurde schnell offensichtlich das weder in Berlin, noch in Brüssel, sondern in Moskau die Weichen für die Zukunft der Ukraine gestellt werden.
Wer die Geschehnisse in der Ukraine und auf der Krim verstehen möchte, findet die Erklärungen nicht in aktuellen Medienberichten sondern in der jüngeren Geschichte. Alles was bisher in der Ukraine geschah und was in nächster Zukunft auf der Krim geschehen wird fand seine Initialzündung im Untergang des sowjetischen Imperiums und der Politik des Westens gegenüber Russland seit 1990. Entgegen den gebetsmühlenartigen medialen Bekundungen gab es kein Ende des „Kalten Krieges“ sondern eine Fortsetzung mit konspirativen Mitteln. Der kalte Krieg mutierte von einem militärischen Dauerdrohszenario zu einem Wirtschaftskrieg mit Mitteln der Geheimdiplomatie, in dem Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion unterlegen war. Während der Westen beständig mehr Ressourcen in den Kampf um die Erringung der Weltherrschaft pumpte und in einem Tempo seine Machtbereich erweiterte, welches vor 1990 wohl niemand für möglich hielt, sah sich Russland gezwungen, seine Politik, seine Wirtschaft und seine geheimdienstliche Infrastrukturen zu restrukturieren.
Russland musste tatenlos zusehen wie es von einer Supermacht zu einem Entwicklungsschwellenland degradiert wurde. Vor 1990 war es die militärische Macht, die die territorialen Marken setzte, der dann die Einsetzung des Wirtschaftssystems des Überlegenen folgte. Ab 1990 jedoch, änderten sich die Vorzeichen und die Wirtschaft okkupierte die Länder. Das Militär folgte nach. Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und die baltischen Staaten brachen so aus dem russischen Wirtschafts- und Militärbündnis und wurden kapitalistische Demokratien und NATO Staaten. Ein ähnlicher Mythos wie die Dolchstoßlegende nach dem ersten Weltkrieg in Deutschland entwickelte sich und diesem folgte ebenso, wie in der Weimarer Republik, ein die Politik bestimmender, allgemeiner Volkswille der Wiedergutmachung. Wenn man parallelen zwischen Putin und Hitler ziehen möchte, wie es einige besonders ängstliche Populisten in der letzten Zeit versuchten, dann findet man diese in dem Willen der Völker, die sich in Folge ihrer Traumatisierung einen Wiedergutmacher erwählten. Dieses nicht in der Bewertung, zu allen russischen Aktionen und Reaktion mit zu berücksichtigen, war der Generalfehler des Westens der zwangsläufig irgendwann in einer Eskalation enden musste.
Für alles was in den vergangenen Wochen in der Ukraine geschah und auf der Krim geschehen wird, war und ist auch bestimmend, das die westliche Macht- und Expansionspolitik gegenüber Russland der letzten 20 Jahre, von Betrug und Täuschungen geprägt war, auf die Russland aufgrund seiner unterlegenen Position nicht gemäß des eigenen geopolitischen Anspruchs antworten konnte.
In Deutschland wurde es verschwiegen, doch in Russland wurde nicht vergessen, wie alles begann. Schon der erste Schritt des Rückzuges des russischen Bären war die Folge einer Lüge. Es war der amerikanische Präsident Bush Senior der dem sowjetischen Generalsekretär Gorbatschow versprach, dass nach dem Abzug der russischen Truppen aus dem wiedervereinigten Deutschland, die NATO nicht nach Osten nachrücken würde. Kaum waren jedoch die russischen Kasernen in Ostdeutschland geräumt, rückten die NATO bis zur polnischen Grenze vor. Gorbatschow sagte Jahre später, dass er dem Abzug der russischen Truppen nicht zugestimmt hätte, wenn ihm nicht versprochen worden wäre, das die NATO sich nicht weiter nach Osten ausdehnt.
Es folgten zwei Jahrzehnte der westlichen Arroganz gegenüber Russland. Die Amerikaner und die NATO hofierten Russland immer dann, wenn sie das russische Wohlwollen im Sicherheitsrat brauchten und verschoben zeitgleich ihren militärischen Machtbereich jedes Jahr ein Stück näher an die russische Grenze. Heute sichern offiziell amerikanische Luftstreitkräfte, im Auftrag der baltischen Staaten, ihre Grenzen zu Russland. Amerika versprach nicht weniger als die Rettung der Welt als es sich auch von Russland das ok holte, um den Irak anzugreifen und die Weltgemeinschaft vor den drohenden Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins zu schützen. Es war eine Lüge und zerstörte für Russland wichtige wirtschaftliche Beziehungen sowie russischen Einfluss in der Region. Der Westen holte sich auch das ok Russlands um eine Flugverbotszone in Libyen zu errichten, einem Land das eine weitaus stärkere politische und wirtschaftliche Bindung zu Russland als zu Amerika hatte. Auch dieser russische geopolitische Einfluss war plötzlich verschwunden, als Moskau schnell feststellen durfte das die installierte Flugverbotszone nur dazu diente, amerikanischen und europäischen Luftstreitkräften zu ermöglichen, das Land in die westliche Gemeinschaft hinein zu bomben. Der amerikanische Versuch vor den Toren Moskaus, in Polen einen Raketenabwehrschirm zu installieren, der vermeintlich der Abwehr iranischer Raketen dienen sollte, machte Moskau endgültig klar, für wie schwach und unfähig zur Gegenwehr die amerikanische Administration Russland hielt.
Zwei Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist Russland nun wiedererstarkt. Innenpolitisch unterstützter Nationalstolz, eine sich aus den Eskapaden des Oligarchenkapitalismus befreiende Wirtschaft und ein immer noch imposantes Waffenarsenal, bieten neues Potential, zukünftig die Weltpolitik wieder mitbestimmen zu können und die aus Sicht des Präsidenten Putin natürliche Stellung als Großmacht wiederzuerlangen. Innenpolitisch wird die aufkommende alte Stärke und Größe als Wiedergutmachung verstanden und jeder Schritt der im Westen als schroff abweisend und hart verstanden wird, verstärkt den Rückhalt innerhalb der Bevölkerung und kompensiert so nebenbei auch noch unpopuläre Schritte, im Sinne der großen Sache. Aus Putins Sicht, ist ein gleichstarkes militärisches Äquivalent zur NATO zwingend, um das angestrebte russische Gesellschaftsmodell gegen westliche Okupationsversuche wirkungsvoll verteidigen zu können. Putin meint damit ausdrücklich auch den Raubtierkapitalismus, den er in Russland bereits seit geraumer Zeit den Kampf angesagt hat und dem bereits die meisten russischen Oligarchen zum Opfer gefallen sind.