von Gert Flegelskamp
Gemäß Definition sind wir ein freiheitlicher, sozialer und demokratischer Bundesstaat. Inwieweit unsere soziale Gesetzgebung längst diktatorische Züge angenommen hat, mag ein jeder selbst nachvollziehen, wenn er über die Gesetzgebung der letzten 20 Jahre nachdenkt und dabei vor allem die Gesetzgebungsmaßnahmen der angeblichen Sozialdemokraten und angeblich Grünen seit 1998 betrachtet. Als Beispiel sei zunächst die Gesetzgebung auf der Basis der Hartz-Gesetze (Hartz I bis Hartz IV) angesprochen. Die WELT, ein besonders der sozialen und freiheitlichen Berichterstattung des Hauses Springer verpflichteten Blattes hat am 15. 08. Dazu einen bemerkenswerten Artikel veröffentlicht: Hartz-Reformen – Auslöser des deutschen Jobwunders.
Ein korrupter Kanzler (GAZPROM), ein krimineller VW-Personalchef und ein für seine neoliberale Einstellung bekannter Präsident des von Steuerbetrüger Zumwinkel gegründeten IZA-Instituts als Zeugen eines so genannten Jobwunders. Wirklich, hier übertrifft sich die Springer-Presse selbst. Wenn das keine soziale und freiheitliche Berichterstattung ist, oder?
Der Witz an diesem Artikel ist, dass die am Anfang stehende graphische Darstellung der BA (Bundesagentur für Arbeit) den Text dieses Artikels gleich konterkariert. Jagoda hat die Arbeitsmarktstatistik in seiner Ägide einfach zu plump gefälscht. Das kann die Fälscherwerkstatt der BA heute viel besser, denn sie schreibt ja auch echte Zahlen in ihre Statistik, nur muss man lange suchen, bis man die findet. Ein Klick auf Suchen bei „aktuelle Eckwerte der Grundsicherung SGB II“ bietet eine ZIP-Datei an und erst wenn man die geöffnet hat, bekommt man die EXCEL-Datei, durch die man sich dann wühlen muss, um wenigstens einigermaßen die statistischen Angaben als reinen Betrug zu entlarven, wohlverstanden, ein Betrug, der mit Gesetzen unterlegt ist, wie z. B. § 53 a Abs. 2 eindeutig belegt. Es gibt mehrere solcher Gesetze, die ausschließlich dazu dienen, statistische Angaben verfälscht aufzubereiten, um das Ausmaß tatsächlicher Arbeitslosigkeit zu verschleiern. Hinzu kommen Begriffe wie z. B. der in Mappe 10 der EXCEL-Datei angeführte Begriff: Personen, die im weiteren Sinne arbeitslos sind, aber in den Jubelmeldungen nicht aufgeführt werden, Dazu gehören auch 114.030 Personen nach dem vorgenannten § 53a, die gemäß Absatz 2 nicht mehr statistisch aufgeführt werden. Weitere 136.565 Personen werden unter diesem Begriff angeführt, die sich „in Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung“ befinden. Arbeitslose können ein Liedchen davon singen, dass solche Maßnahmen nicht zu einem Job führen, sondern der Schönfärberei der Statistik dienen. Damit ist plötzlich die so schön klingende Zahl der Arbeitslosen, die Presse und Politik so euphorisch verkünden, von 2.875.971 Arbeitslosen auf die weniger schöne Summen von 3.126.166 Arbeitslose angewachsen, natürlich nur „in weiterem Sinne“
Ein weiterer Begriff, den sich auch nur Beamte einfallen lassen können, lautet: „Personen, die nahe am Arbeitslosenstatus sind“. Darunter tauchen Begriffe auf wie
- Berufliche Weiterbildung inkl. Förderung behinderter Menschen
- Arbeitsgelegenheiten
- Fremdförderung
- Beschäftigungsphase Bürgerarbeit
- Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
- Förderung von Arbeitsverhältnissen
- Beschäftigungszuschuss
- „Vorruhestandsähnliche Regelungen
- (§ 428 SGB III / § 65 Abs 4 SGB II / § 252 Abs. 8 SGB VI)“
- kurzfristige Arbeitsunfähigkeit
Fremdförderung, Bürgerarbeit, „Vorruhestandsähnliche Regelungen“ nach § 428 SGB III, die nichts anderes sind als der nach Auslaufen dieses Paragraphen entstandene § 53 a, mit dem Unterschied, dass nach § 428 SGB III der Arbeitslose über 58 Jahre gefragt wurde, ob er auf die Vermittlung durch die BA verzichtet, der § 53a Abs. 2 aber von der BA ohne Befragung des Arbeitslosen beschlossen wird. Die „kurzfristige Arbeitsunfähigkeit“ bedeutet, wenn ein Arbeitsloser ein Attest vorlegt, dass er vorrübergehend wegen Krankheit nicht zur Verfügung steht, dann wird er aus der Statistik gelöscht, wie das auch bei den anderen vorgenannten Fällen der Fall ist.