Von Stefan Steinberg
13. März 2012
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag schloss Griechenland ein Abkommen mit seinen Gläubigern. Vertreter der Europäischen Union feierten dies als wichtigen Schritt zur Bekämpfung der europäischen Schuldenkrise. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy erklärte, das Problem Griechenland sei beseitigt, und damit sei „ein Kapitel der Finanzkrise abgeschlossen“.
Betrachtet man das Abkommen näher, zeigt sich jedoch, dass nur noch mehr Lasten der Finanzkrise auf die öffentlichen Kassen, d.h. auf die Steuerzahler, abgewälzt wurden, während sich die Agonie der griechischen und europäischen Bevölkerung noch weiter vergrößert.
Nur ein paar Stunden nach Abschluss der Verhandlungen begann ein erbittertes Schachern zwischen internationalen Finanzorganisationen und der griechischen Regierung. Hiernach verkündete die International Swaps and Derivatives Association (ISDA), die aus fünfzehn weltweit tätigen Banken und Investmentfonds besteht, dass zu dem Abkommen auch ein „Credit Event“ gehöre. Die ISDA argumentierte, Griechenland habe fast zehn Prozent seiner Gläubiger zu einem Verzicht auf Teile des Wertes ihrer Staatsanleihen gezwungen, indem es sich auf „Collective Action Clauses“ berufen habe. Durch diese Klausel können durch Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger die Bedingungen der Anleihe geändert und für alle als bindend erklärt werden. Demzufolge sei Griechenland zahlungsunfähig.
Das bedeutet, dass die Hedgefonds und Banken, die sich mit Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps, CDS) gegen einen Staatsbankrott Griechenlands versichert haben, ihr Geld bekommen werden. Die Zahlung für CDS aufgrund eines Staatsbankrotts in einem Land der Eurozone stellt einen Präzedenzfall dar. Dadurch werden die Zinserlöse für Anleihen größerer europäischer Staaten wie Spanien und Italien steigen. Auf die Ankündigung der ISDA folgten Statements der Ratingagenturen Standard & Poor’s und Fitch, die den Schuldenschnitt als Zahlungsunfähigkeit einstuften.
Das Abkommen vom Donnerstag hat den Staatsbankrott keineswegs abgewendet, sondern ihn einen Schritt näher gerückt.